Eine alte Börsenweisheit lautet: politische Börsen haben kurze Beine. Übersetzt bedeutet dies so viel wie: Politische Ereignisse beeinflussen die Börsenkurse nur kurzfristig, langfristig zählen harte Fakten wie Unternehmensergebnisse oder das Wirtschaftswachstum.
Trotzdem hat die Investmentbank JP Morgan einen Index kreiert, welcher die trumpschen Twitter-Aktivitäten misst. Die JP Morgan-Analyse berechnet, wie sensibel die Renditen von US-Staatsanleihen auf Trumps Kurznachrichten reagieren. Grund genug für uns, diese alte Börsenweisheit etwas näher anzusehen – angelehnt an die politischen Groß-Ereignisse der vergangenen 12 Monate.
29. Oktober 2018 und das vierte Quartal 2018: Einen Tag nach der Landtagswahl in Hessen kündigt Bundeskanzlerin Merkel das Ende ihrer politischen Karriere an.
Ebenfalls ungelöst bildeten die Brexit-Neuigkeiten zum Ausklang des Jahres 2018 weitere Risikofaktoren aus Sicht von Investoren aus. So sah sich Premierministerin May gezwungen, eine für den 11. Dezember geplante Abstimmung im britischen Parlament kurzfristig abzusagen. Bereits vor dem anstehenden Votum kommunizierte die EU-Kommission, dass eine Abänderung des ausgehandelten Abkommens nicht verhandelbar sei.
Bedingt durch die parallel revidierten Wachstumsprognosen und die anhaltenden Handelsstreitigkeiten zwischen USA und China verloren fast alle großen Indizes weltweit zweistellig. Von der steigenden Unsicherheit konnten im abgelaufenen Quartal vor allem die Edelmetalle profitieren. Gold legte rund 7,6%.
25. Januar 2019 und das erste Quartal 2019: Der längste Shutdown der US-Geschichte endet nach 35 Tagen. So lange hatte der Streit über den Haushaltsplan die Regierung lahmgelegt.
Der wieder aufkeimende Handelsstreit zwischen den USA und Europa sowie zwischen den USA und China hätte die Märkte auch die ersten Monate des Jahres 2019 beschäftigen können. Allerdings konnten sich die Aktienmärkte im ersten Quartal 2019 deutlich von dem starken Einbruch im Dezember erholen. Der deutsche Leitindex DAX holte rund 10% auf, der Euro Stoxx 50 entwickelte sich mit einem Plus von ca. 11% etwas besser. Auch jenseits des Atlantiks standen alle Zeichen auf grün. So gelang dem S&P 500 in besagtem Zeitraum ein deutliches Plus von rund 13 %. Auch die asiatischen Märkte zeigten sich freundlich und konnten zulegen.
7. Juni 2019 und zweites Quartal 2019: Theresa May legt ihr Amt als Parteichefin und britische Premierministerin offiziell nieder. Die neuerliche Brexit-Unsicherheit war aber bei weitem nicht der einzige Auslöser dafür, dass sich die positive Stimmung des ersten Quartals an den Börsen im Mai komplett in Luft auflöste. Die Prognosen in Bezug auf Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinne wurden angepasst (so zum Beispiel vom Kieler iwf Institut) und last but least schickte die Verschärfung im Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China die Börsen auf Talfahrt – die Aktienmärkte gaben teilweise im Mai bis zu 10% nach, nur um dann Ende Juni wieder neue Jahreshochs auszubilden.
25. August und das dritte Quartal 2019: Das G7-Treffen der Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Japan, Kanada, USA, Großbritannien, Italien und Deutschland fand vom 24. bis 26. August in Biarritz statt, eigentlich ohne Highlights. Auch im August sind Pro-Demokratische Demonstranten in Hongkong auf den Straßen unterwegs und protestieren.
Börsenweisheit auf dem Prüfstand
Ein ganz ähnliches Bild wie im ersten und zweiten Quartal zeichnete sich dann wieder im dritten Quartal ab; nur eben alles in drei Monaten. Während die oben beschrieben Risiken aus Brexit, Handelsstreit und Rezessionsangst die Börsen weltweit nach unten rissen (der DAX verlor z.B. um 1.000 Punkte), erholten sich die Indices im September wieder fast komplett.